20. SONNTAG im Jahreskreis

Erster Lesung aus dem Brief an die Hebräer (12,1-4)

Evangelium nach Lukas (12,49-53)

Nichts ist einem Menschen so unerträglich wie ein Leben ohne Aufgabe und ohne Sinn und Ziel. Schon Nietzsche sagte: “Wer ein Warum zu leben hat, erträgt fast jedes Wie”.Es gibt nichts, was uns so fähig macht, Schwierigkeiten zu überwinden, wie das Bewusstsein, eine Aufgabe zu haben und einen Sinn zu verwirklichen. Nichts wirkt lähmender als das Gefühl zu haben, überflüssig zu sein, nicht gebraucht zu werden, nicht zu wissen, wozu man da ist, kein Ziel zu haben. Das ist eine menschliche Grunderfahrung.

Deswegen haben die heutigen Lesungen uns etwas Wichtiges zu sagen. Es heißt: „Er (Jesus) ist uns den Weg des Glaubens vorangegangen und wird uns auch ans Ziel bringen.“ Er weist uns einen Lebensweg, ein Ziel, nämlich Gott. Unser Leben gelingt nur, ist nur sinnvoll, wenn wir eine Vertrauensbeziehung, ein Grundvertrauen zu Gott bekommen. Diese Sehnsucht nach Gott ist das Feuer, das Jesus in uns entflammen, entzünden möchte. Eine innere Glaubenskraft.

Denken wir an die zwei Jünger von Emmaus, die - nachdem sie den auferstandenen Jesus erlebt haben - sagen: „Brannte nicht unser Herz, als er unterwegs mit uns redete und uns den Sinn der Schrift erschloss?“ In der Pfingsterzählung der Apostelgeschichte ist die Rede von „feurigen Zungen“ die auf die Freunde von Jesus herabkommen und aus ihnen begeisterte Menschen machten, die von ihrer Angst befreit sind. Johannes der Täufer kündigt Jesus an als den, der mit „Feuer und Heiligem Geist“ taufen wird. Augustinus hat gesagt.„In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst“. Gilt das z.B. nicht für alle Eltern, die ihre Kinder „christlich“ erziehen wollen?

Aber Jesus war kein romantischer Idealist. Dieses brennende Feuer in uns, diese Begeisterung für Gott, wird immer auch auf Widerstand stoßen, führt auch zu Auseinandersetzungen und Konflikten, zur Scheidung der Geister. Als Jesus wenige Wochen alt war, wurde er in den Tempel gebracht und der greise Simeon weissagte über ihn: „Dieser ist dazu bestimmt, dass in Israel viele durch ihn zu Fall kommen und viele aufgerichtet werden. Und er wird ein Zeichen sein, dem widersprochen wird.“ (Lk 2,34). -

Jesus selbst war „Feuer und Flamme“ für die Sache Gottes, die er das Reich Gottes nannte. Er versuchte den Menschen zu zeigen, was es heißt, auf Gott zu hören, seinem Gesetz der Liebe zu folgen. Und dabei ist er auf großen Widerstand gestoßen. Immer wieder entstanden Konflikte. Die Evangelien sind voll mit Streitgesprächen, die Jesus mit seinen Gegnern geführt hat. Und es wird sogar erzählt, wie seine eigene Familie ihn zurück nach Hause holen wollte, weil sie der Meinung war, er ist verrückt geworden. Spaltung in seiner eigenen Familie!

Aber wer das Ziel kennt, verträgt auch das Wie: „Weil Jesus wusste, welch große Freude auf ihn wartete, erduldete er Hass und Anfeindung und den Verbrechertod am Kreuz“, heißt es. Wenn wir uns von seinem Wort, von ihm, ergreifen lassen, wenn die Liebe zu Jesus in uns brennt, dann gibt es für uns keinen faulen Frieden und keine Kompromisse. Dann müssen wir Farbe bekennen, Position beziehen. Der dänische Religionsphilosoph Sören Kierkegaard (1813–1855) hat einmal gesagt: „Es gibt zwei Arten von Christen: den Nachfolger von Jesus und - die billigere Ausgabe davon - den Bewunderer Jesu.“ Jesus will nicht bewundert werden, sondern ruft in die Entscheidung für ihn.

Das kann zu Unfrieden und Streit führen. Wer aber zu Jesus gehören will, der muss immer zu ihm stehen, selbst wenn nahestehende Menschen dies nicht verstehen. Mit diesem Feuer, dieser Begeisterung, eckt man oft an, besonders bei denen, die nichts davon begreifen. Jesus möchte offensichtlich nicht, dass wir nur nach einer bloßen „Seid nett zueinander!“-Parole leben.

Als Christ leben ist oft unbequem! Wir müssen oft gegen den Strom schwimmen. Aber Jesus möchte, dass sein Feuer in uns brennt und dass wir uns von ihm immer wieder neu anstecken lassen!

Zum Archiv